- die Freude, von der Schweiz durch halb Europa bis nach Spanien gewandert zu sein, eine Strecke von 2213 km in 70 Tagen und nur 2 Ruhetagen bewältigt zu haben, das macht ein Schnitt von knapp 32 km / Tag
- mich für einen längeren Zeitraum nur auf vier Aktivitäten zu fokussieren (laufen, essen, trinken, schlafen) und alles andere wirklich vollständig auszublenden
- eine Genugtuung, dass ich eine grössere und längere körperliche Anstrengung ohne Probleme überstehe und dass alle meine Körperteile bis zum Schluss normal ihren Dienst versehen haben
- eine Bestätigung, dass ich über längere Zeit durchhalten und mich zum Teil durchbeissen kann und unter eingeschränkten Verhältnissen (immer die gleichen Kleider, beengende Raumverhältnisse, sich arrangieren mit anderen, der gleiche Tagesablauf) leben kann
- ein besseres Verständnis über einen Teil des Katholizismus (das Pilgern) mit den Motiven und den Strapazen zur Durchführung
- ....und noch das: einen tollen Blick in den Spiegel, wo ich keine Problemzonen mehr erkennen kann, sondern nur noch einen gestählten und durchtrainierten Body sehe wie schon seit sehr lange nicht mehr..... (wie lange das wohl so halten wird ....?). Oder in Zahlen: 10 kg Gewichtsabnahme sind garantiert !
Man soll sich nicht ausschliesslich auf ein weit entferntes Ziel konzentrieren und alles diesem Ziel, das man allenfalls gar nie erreicht, unterordnen, sondern man soll sich zwar ein Ziel setzen, dann aber vor allem den einzelnen Tag, den einzelnen Moment geniessen. Grosse Ziele sind nicht dazu da, dass man zu Leben vergisst, sondern dass man noch bewusster lebt und den jeweiligen Moment geniesst. Allenfalls wegen körperlichen Problemen nicht in Santiago anzukommen, wäre für mich nicht ein Untergang gewesen, sondern ich hätte immer noch all die einzigartigen Momente und Erinnerungen im Kopf gehabt, die mir niemand mehr nehmen kann. Trotzdem lege ich jedem ans Herz, den Jakobsweg von zu Hause aus in einerm Stück durchzulaufen, da das Erlebnis und die Erfahrung bei weitem höher sind als wenn man jedes Jahr nur 14 Tage laufen kann und im nächsten Jahr dort weitermacht, wo man aufgehört hat. So verkümmert der Jakobsweg fast ein bisschen zu einer eigentlichen Wanderung entlang historischen Kirchen und Denkmälern.
Was Pilgern nicht ist:
- eine Problemlösungsmaschine für eine Vielzahl von privaten und beruflichen Problemen, herbeigeführt durch den Geist des Jakobsweges oder durch andere Pilger
- Pilger sind keine besseren Menschen, aber zum Teil solche, die sich ernsthaftere Gedanken machen als andere (ausser denjenigen, die nur das Diplom für die Wand zuhause abholen wollen)
- eine Möglichkeit, Freunde fürs Leben zu finden oder Freundschaften zu schliessen
- der Jakobsweg als ein rein spiritueller Weg, wo man an jeder Ecke die Erleuchtung findet. Es ist schlicht und einfach primär ein Wanderweg fast ohne Ende, auf dem man täglich neu gefordert wird, sowohl körperlich als auch psychisch
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