28.6.09

3. Frangy bis Le Puy en Velay


Sa. 16. Mai, Frangy - Culoz
Oh wie schön, man kann sich doch auch auf die Elektronik verlassen, denn tatsächlich ging der Barometer meiner Uhr während der Nacht nach oben und ein wunderschöner Tag erwartet uns. Nach dem Frühstück mit herrlich knusprigem Brot gehts nach 8 los. Und wie ! Meinen Füssen geht es gut, meine Moral ist super und so habe ich denn nach einem feinen Sandwich mit Fruchtsalat das Etappenziel nach Mittag schon erreicht. Na ja dann laufe ich halt weiter entlang der Rhone in einer urigen, aber mit der Zeit etwas langweiligen Landschaft. Was mir hier in Frankreich auffällt ist, dass die einfach vielmehr Platz haben als in der Schweiz, wo wirklich jeder Quadratmeter irgendwie genutzt und gepflegt ist. So kommt es dann, dass ich bis jetzt in Frankreich nur wenig über asphaltierte oder gar betonierte Strassen gelaufen bin. Um 15 Uhr dann die Entscheidung bei einer Brücke: Laufe ich nochmals 1.5 Stunden bis zum nächsten Ort oder gehe ich nur über die Brücke zum nahgelegenen Zeltplatz. Die Entscheidung ist einfach und so erwartet mich dort ein romantischer Caravan.... Typisch Französisch funktionieren die Duschen nicht bis ich dann nach meinem Einkauf bei Carrefour um 1730 insistiere, weil die noch immer am Arbeiten sind. Kein Problem - auch das typisch Französisch - und irgendwie habe ich dann doch meine heisse Dusche. Am Abend holen mich dann Bruno und seine Frau Pascale ab, die ich auf meiner Reise in Myanmar in diesem Jahr kennengelernt habe und wir verbringen zusammen einen schönen Abend.



1: eines der vielen Strassenschilder in Frankreich, die Bezug auf den Jakobsweg nehmen
2: im schattigen Wald
3. in der wunderschönen Natur
4: Mein Wohnwagen auf dem Zeltplatz in Culloz


So. 17. Mai, Culloz - Yenne Nach einer wirklich kalten Nacht im Caravan und dank einer heute etwas kürzeren Etappe leiste ich mir dem Luxus etwas "auszuschlafen" und im Caravan dick eingepackt in alle meine warmen Kleider gemütlich zu frühstücken und mein Picknick vorzubereiten bevor dann das Motto wieder heisst: Ultreia - immer weiter. Die erste Stunde gehts jedoch ganz gemütlich der Rhone entlang. Im nächsten Dorf genehmige ich mir noch einen feinen Kaffee und gemütlich wandere ich meinem heutigen Tagesziel zu, zum Teil auf Hügeln entlang der Rhone, zum Teil direkt daran. Am frühen Nachmittag komme ich in diesem Dorf mit etwa 2000 Einwohnern an und siehe da, Sonntag in Frankreich sei dank, wirklich alles ist geschlossen. So kaufe ich mein Picknick für Morgen in der Weinhandlung und esse ein Sandwich mit Frites in einem der beiden Bars, die bis 8 geöffnet sind, umgeben von weiteren Pilgern, die nach und nach eintreffen. Oh wie vermisse ich hier Asien, wo alles jederzeit geöffnet ist ! Nach dem Wäschewaschen und dem Trocknen im hoteleigenen Trockner gehts dann auch schon bald ins Bett, denn morgen soll es ein bisschen weiter gehen. Mo. 18. Mai, Yenne - Les Abres Oh je du schönes altes Europa - nach einem schönen Tag folgt wieder Regen, völlig entgegen der Wetterprognose. Nach dem Frühstück gehts bei noch leichtem Regen aber ohne Regenponcho eine Steigung von etwa 600 Metern hoch auf den Col du Mont Tournier. Dabei verlaufe ich mich auch noch und gerate in der Nässe ins hohe Gras und auf eine abgelegene Kuhweide. Nach dem Abstieg zurück auf den Weg habe ich so rund 20 Minuten verplämpert und mir nichts als nasse Füsse geholt. Nachdem ich meinen geliebten Wegweiser, ein Selbstklebeetikett mit einer gelben Jakobsmuschel auf blauem Grund, an einem Baum wieder entdeckt habe, geht es dann wieder zügig weiter. Um 13 Uhr ist Mittagszeit mittlerweilen im Sonnenschein auf einer Bank vor der Gemeindeverwaltung, eine Plastikschale voll Reis mit Thon und 2 Colas, die im einzigen Geschäft, das über die Mittagszeit geöffnet hat, erhältlich sind. Alle anderen Geschäfte sind natürlich schon oder immer noch geschlossen... Danach gehts wieder voll motiviert weiter entlang eines Flüsschens und es wird auch immer wärmer, so dass ich meine Wasserflasche öfters als sonst auspacken muss, da leider die schönen Brunnen sehr spärlich sind. Abends um 17 Uhr, immer noch fit, komme ich an meinem Etappenort Les Abres an. Wieder das gleiche Theater - um etwas zu Trinken zu kaufen muss ich vom Hauptplatz eines Dorfes mit über 3000 Einwohnern 10 Minuten bis zu einer Tankstelle am Rande des Dorfes laufen, weil im Dorf der eine Laden natürlich geschlossen ist. Dann werde ich von meiner Gastgeberin mit dem Auto abgeholt und zu ihrem Haus gefahren uns es erwartet mich das Paradies ! Ich bin ganz alleine und es gibt einen wunderschönen Liegestuhl ! Das Paradies dauert allerdings auch nur solange, bis eine pseudointellektuelle Esoteriktante aus D. auftaucht, die mit ihrem domininanten Verhalten die ganze Diskussion an sich reisst. So lasse ich denn ein französisches 4-gängiges kaltes Mahl über mich ergehen, obwohl ich doch so gerne nur einen Teller Spaghetti hätte. Aber eben wer sind wir denn, wir Franzosen....



1: der Rhone entlang


Mo. 18. Mai, Yenne - Les Abres
Oh je du schönes altes Europa - nach einem schönen Tag folgt wieder Regen, völlig entgegen der Wetterprognose. Nach dem Frühstück gehts bei noch leichtem Regen aber ohne Regenponcho eine Steigung von etwa 600 Metern hoch auf den Col du Mont Tournier. Dabei verlaufe ich mich auch noch und gerate in der Nässe ins hohe Gras und auf eine abgelegene Kuhweide. Nach dem Abstieg zurück auf den Weg habe ich so rund 20 Minuten verplämpert und mir nichts als nasse Füsse geholt. Nachdem ich meinen geliebten Wegweiser, ein Selbstklebeetikett mit einer gelben Jakobsmuschel auf blauem Grund, an einem Baum wieder entdeckt habe, geht es dann wieder zügig weiter. Um 13 Uhr ist Mittagszeit mittlerweilen im Sonnenschein auf einer Bank vor der Gemeindeverwaltung, eine Plastikschale voll Reis mit Thon und 2 Colas, die im einzigen Geschäft, das über die Mittagszeit geöffnet hat, erhältlich sind. Alle anderen Geschäfte sind natürlich schon oder immer noch geschlossen... Danach gehts wieder voll motiviert weiter entlang eines Flüsschens und es wird auch immer wärmer, so dass ich meine Wasserflasche öfters als sonst auspacken muss, da leider die schönen Brunnen sehr spärlich sind. Abends um 17 Uhr, immer noch fit, komme ich an meinem Etappenort Les Abres an. Wieder das gleiche Theater - um etwas zu Trinken zu kaufen muss ich vom Hauptplatz eines Dorfes mit über 3000 Einwohnern 10 Minuten bis zu einer Tankstelle am Rande des Dorfes laufen, weil im Dorf der eine Laden natürlich geschlossen ist. Dann werde ich von meiner Gastgeberin mit dem Auto abgeholt und zu ihrem Haus gefahren uns es erwartet mich das Paradies ! Ich bin ganz alleine und es gibt einen wunderschönen Liegestuhl ! Das Paradies dauert allerdings auch nur solange, bis eine pseudointellektuelle Esoteriktante aus D. auftaucht, die mit ihrem domininanten Verhalten die ganze Diskussion an sich reisst. So lasse ich denn ein französisches 4-gängiges kaltes Mahl über mich ergehen, obwohl ich doch so gerne nur einen Teller Spaghetti hätte. Aber eben wer sind wir denn, wir Franzosen....



1: Unterwegs in der Abgeschiedenheit von Savoyen


Di. 19. Mai, Les Abres - La Frette Nach der gestrigen Königsetappe mit gesamthaft über 1000 m Aufstieg und 900 m Abstieg wollte ich es eigentlich etwas gemütlicher angehen lassen. Aber nach einem Blick aus dem Fenster sind diese Pläne schon bald wieder verflogen, denn es ist strahlend blau. Nach dem guten Morgenessen geht es kurz nach 8 wieder weiter durch eine wunderschöne leicht hügelige Landschaft hier in Savoyen. Ich sehe fast den ganzen Tag keinen Menschen, keine Ahnung wo die sind. So nehme ich denn um 12 mein Mittagessen an einem Waldrand ein und geniesse den schönen Tag. So gegen 3 beschliesse ich denn doch, trotz guten Füssen und Beinen, den Tag im Dorf La Frette zu beenden und nicht noch weiter zu gehen. Trotzdem sind auf meinem Zähler schon wieder 700 m Aufstieg vermessen. Bei der einzigen Privatunterkunft, die Pilger aufnehmen, der sog. Accueil jacquaire, sind die Gastgeber in Korsika. So gehe ich denn ins Hotel du Voyaguer, wo ich zusammen mit der etwas sonderbaren Hotelsfrau und ihren beiden nur halbdressierten grossen Schäferhunden bin. Im Garten serviert sie mir das Abendessen und so sitze ich noch nach 20 Uhr im Sonnenschein, geniesse den Abend, schreibe meinen Tagesreport und plane den morgigen Tag.



1: Wiederum in der Einsamkeit der französischen Landschaft
2: Im Garten des dubiosen Hotels du Voyageur in La Frette


Mi. 20. Mai, La Frette - Revel Tourdan Was soll ich sagen, schon wieder Sonnenschein ! Die beiden deutschen Schäferhunde bellen wie verrückt als sie mich hören und ich bekomme echt Angst, so dass ich der robusten Chefin sagen muss, dass sie ihre Hunde besser in der Küche eingesperrt lässt. Dann gehts wieder mal los durch eine schon halbwegs flache Landschaft bis ins nächste Dorf, wo ich dann endlich mein Mittagessen im Supermarkt Intermarché einkaufen kann. Neben Sandwich und Fruchtsalat mache ich einen kapitalen Fehler und kaufe einen Liter Traubensaft ein und opfere dafür mein Wasser. Durch das Trinken dieses überzuckerten Getränkes geht es mir nach dem Mittagessen nicht so gut, gerade da es unter der brennenden Sonne durch endlose Äcker geht. Nach dem letzten Aufstieg dann die Erlösung, in einer Bar (wow und diesmal sogar geöffnet) kann ich mir einen Liter Wasser erstehen. So bin ich dann schon froh, als ich gegen 4 in meinem Etappenort ankomme und vom herzlichen Gastgeber Yves in einem wunderschönen alten Haus willkommen geheissen werde. Zielsicher geht es darauf mit einem weiteren Liter Mineralwasser in den Garten, wo ich unter einem Kirschbaum, gequält vom Heuschnupfen, neben einer lieben Katze bis um 6 mich von den Sonnenstrahlen verwöhnen lasse. Danach tauchen noch 2 deutsche Frauen älteren Semesters auf, die wohl irgendwann mal sich auch den Hippies zugehörig fühlten und gerade daran sind, wieder mal ein neues Lebenskonzept auszuprobieren, diesmal nun nicht in Indien. Das folgende Nachtessen ist gottlob wieder warm und reichhaltig, dazu noch in einer beeindruckenden alten Stube, also echt gelungen. Müde sinke ich danach ins urige Grossvaterbett mit einer richtiggehend durchhängenden Matraze. Na ja ein alter Pilger hält das natürlich nicht vom Schlafen ab....



1. romantische Strommasten
2: Mittagshalt am schönen See
3,4: Leiden unter der Sonne


Do. 21. Mai, Revel Tourdan - Clonas sur Varèze Wahnsinn ! Heute endet meine dritte Woche, seit ich vor langer Zeit in Einsiedeln den ersten Kilometer unter die Füsse genommen habe. In 2 Monaten sollte ich dann etwa in Santiago ankommen. Wie nichtig werden bei dieser Reiseart Stunden, Tage und sogar Wochen. So ist die Ankunft in Le Puy en Velay für nächsten Dienstag geplant, mit dem Auto einen Katzensprung, mit den Beinen Schritt um Schritt erlaufen und manchmal auch erlitten schon eine halbe Ewigkeit. Ich ertappe mich auch schon manchmal dabei, wie ich mir vorstelle, was ich machen werde, wenn ich in Santiago ankomme. Bis jetzt kommen mir immer wieder in den Sinn: Trinken bis ich überlaufe (keinen Alkohol im Fall !) und im Schwimmbad baden... Also nach dem Frühstück und der herzlichen Verabschiedung durch das Gastpaar Yves und Marie-Claude gehts noch beim einzig schon offenen Laden vorbei (immerhin !) und lasse mir ein feines Sandwich machen. Dann gehts los durch endlose ziemlich flache Felder begleitet von einer zum Teil kräftigen Brise, die mich noch mehr austrocknen lässt. Nach dem Mittagessen an einem Waldrand muss ich unbedingt bei einer Bar im nächsten Ort vorbei und muss dabei einen ziemlichen Umweg machen, um mir eine Flasche Mineralwasser und eine Büchse Orangensaft zu gönnen, die ich zum Erstaunen der Barbesitzerin beide fast in einem Zug leere. Die letzten Kilometer lasse ich es gemütlich angehen und pflücke mehrmals die reifen Kirschen von den Bäumen und geniesse dieses feine Aroma. Schon bald komme ich bei meiner neuen Gastfamilie an und lasse es mir auf der Terrasse ihres Hauses gutgehen. Nach der Dusche kommt noch eine junge Frau aus St. Gallen an (oh was für eigene Erinnerungen an dieses konservative Städtchen in der Ostschweiz !) und meint gleich kritisch, ob das denn gehe im gleichen Zimmer und ob ich ihr auch nichts machen werde... Haha. Typisch, die ist sicher im Klostergraben in St. Gallen aufgewachsen und ist jetzt auf ihrer religiösen Katharsis mit ihrem hochwohlgeborenen Vater ! Wie ich diese doppelte Moral in solchen sehr eng definierten Gesellschaften liebe ! Was werde ich auch noch alles für Leute antreffen wenn das so weiter geht mit meinen Mitpilgern.... Während des Nachtessens kommen der Hausherr Daniel und ich uns etwas näher und er erzählt mir, dass er sich mit 45 frühpensionieren liess. Was für ein Gelächter, ich hab ihn um 1 Jahr geschlagen....



1: Verabschiedung vom netten Pärchen der Unterkunft in Revel Tourdan
2: Kampf der Gewalten


Fr. 22. Mai, Clonaz sur Varèze - St. Julien Molin Moliette Durch das Rhonetal geht es zuerst auf die andere Seite ins Départment Isère, wo der Anstieg ins Zentralmassiv beginnt. Nach dem Kauf des obligaten Sandwiches geht es dann los. Und wie - kein Wind und eine ziemliche Hitze. Erstmals läuft noch der 18 jährige Marius aus Linz in Österreich auf mich auf und wir wandern den ganzen Tag gemeinsam - inklusive eines quälenden Umweges, da wir wegen dem Gequatsche einen Wegweiser übersehen haben. Dann führt der Weg erstmals ins Restaurant, wo wir uns je einen Liter Mineralwasser genehmigen. Nach einer weiteren Stunde der Mittagshalt im Freien, wo wir uns über Brasilien unterhalten, wo er geboren ist und nicht weiss, ob er wieder dorthin zurückkehren soll. Glücklich und völlig verschwitzt kommen wir dann im Ort an, wo ich übernachte. Er will noch etwa 2 Stunden weiter. Nach einem Restaurant Aufenthalt mit 3 Kugeln Sorbet und einem weiteren Liter Mineralwasser sowie einem Besuch im Supermarkt suche ich dann die Unterkunft auf und werde freundlich empfangen. Ich wasche meine Wäsche, geniesse den Abend und warte auf Sybille aus St. Gallen, da wir gestern wegen Auffahrt die nächsten beiden Etappenorte gemeinsam reserviert haben und die einzigen Gäste in diesem Haus sind. Als sie endlich eintrifft, verbringen wir einen eigentlich unerwartet angenehmen Abend zusammen im Restaurant als einzige Gäste eines angenehmen pilgerfreundlichen Wirtes.


Sa. 23. Mai, St. Julien Molin Moliette - Coirolles
Da sich Sybille ungewohnt schon vor 6 parat macht um zu gehen hält es mich bei diesem schönen Wetter und bei der erwartet langen Etappe auch nicht mehr im Bett und so bin ich auch schon um 0630 wieder auf der Strecke. Gar nicht schlecht so früh schon zu wandern ! Nach etwas mehr als 1 1/2 Stunden komme ich in Bourg Argental an, wo ich erstmals einkaufe und im Café mit feinen Stücklein aus der Bäckerei frühstücke. Heute wird ein guter Tag ich spüre es ! So fliege ich denn die etwa 700 Höhenmeter hoch durch meist schönen Wald und bin in etwas mehr als 5 Stunden statt der angegebenen 7 Stunden bereits beim Mittagshalt. Beim Essen im Restaurant kommt noch Marius von gestern ganz aufgelöst, da er sich offensichtlich völlig im Wald verlaufen hat. Zusammen wandern wir denn weiter und prompt verlaufen wir uns auch wieder. Langsam stinkt es mir und nachdem wir den Jakobsweg wieder gefunden haben geht es wieder einmal steil zu einem Bach runter und auf der anderen Seite gleich wieder hoch. Als mir dann noch der Besitzer der heutigen Unterkunft telefonisch mitteilt, dass ich nochmals eine halbe Stunde weiter marschieren muss, geht es mit meinen Nerven langsam runter. Doch endlich taucht er mit seinem Auto auf und fährt mich zu seiner Unterkunft mitten im Wald. Dann geht es für meinen Geschmack etwas zu französisch zu und mit dem angesagten Nachtessen vor 8 wird nix, da es erst so nach 9 beginnt in einer Runde mit etwa 15 Personen, Gästen und Freunden. Um 10 folgt dann noch der obligate Tee mit einem Stück Apfeltorte und um halb elf sind wir, d.h. Sybille und ich, auch schon im Bett. Die Anderen feiern weiter....


So. 24. Mai, Cairolles - Araules Um 7 haben wir abgemacht zu Frühstücken, doch wie ich es mir in diesem chaotischen Haushalt gedacht habe, ist um diese Zeit natürlich noch niemand da. So quälen sich Sybille und ich durch die verrinnenden Minuten, da wir heute unbedingt einige Kilometer machen müssen, um morgen in Le Puy anzukommen. Endlich gehts dann los und ich muss meinen Turbo einlegen, um auf die Kilometer zu kommen. Das grosse Picknickpaket, das mir die Gastgeberein der Gite vorbereitet hat, verzehre ich am Ufer eines schönen Flüsschens zusammen mit 1.25 Liter Mineralwasser vom Geschäft. Eine Stunde vor Ankunft mache ich nochmals eine Pause und mache es mir gemütlich, da die Gastfamilie erst um 5 zuhause ist uns so verzehre ich einen Becher Schokoladen- und Vanillepudding, 1 Apfel und 1 Cola liegend direkt auf dem Monument zur Ehrung der gefallenen Soldaten von Saint Jeures. Danach gehts gemütlich Richtung Ziel, wo ich dann die beiden älteren Österreicherinnen wieder treffe, die ein so beachtenswertes Tempo draufhaben. Gemeinsam mit der Gastfamilie und mir als ständigem Übersetzer erlebe ich endlich wieder mal einen guten und nicht so französisch steifen Abend. Dann noch das Hotel für morgen reservieren in Le Puy-en-Velay, wo ich einen Drittel der Distanz und der Zeit hinter mich gebracht haben werde. W O W es ist überwältigend, und das alles zu Fuss !



1: Unterwegs in einer idyllischen Landschaft
2: Mittagshalt am Heldendenkmal in Saint Jeures
3: Schlussaufstieg nach Araules


Mo, 25. Mai, Araules - Le Puy en Velay
Ganz motiviert sind die beiden älteren Damen aus Österreich und ich am morgen. Nach dem Morgenessen geht es um 0715 auch schon los. Auf dem Dorfplatz treffe ich Sybille wieder, die ein Dorf vorher übernachtet hat. Zusammen gehen wir weiter und verlaufen uns bereits nach 2 Minuten direkt am Dorfausgang, da wir statt zu schauen nur gequatscht haben. Nach Information eines Lastwagenfahrers über den Weg zum nächsten Weiler fliege ich regelrecht zum höchsten Punkt des Jakobsweges in Frankreich (1276 m) und bin schon nach 3 statt wie angegeben in 4.5 Stunden im nächsten Dorf. Zur Belohnung gibt es für mich einen Liter Mineralwasser in der Bar im herrlichsten Sonnenschein und einem angenehmen Lüftchen. Danach gehts munter weiter und im nächsten Dorf erreiche ich den Dorfladen exakt 2 Minuten vor der Mittagspause. Ich decke mich ein mit einer etwas kuriosen Mischung aus 300 g Karottensalat, 2 Brombeer- und 2 Erdbeerjoghurts und 1 Liter Grapefruitsaft und geniesse alles an einem schattigen und gemütlichen Rasenplätzchen mitten im Dorf. Nach einem Halt von fast einer Stunde gehts wieder weiter und auf einer Anhöhe kurz nach dem Dorf, dem sogenannten Montjoie, sehe ich erstmals Le Puy. Voller Freude schalte ich mein Handy an und übergiesse mich mit brasilianischer Musik bis in die Stadt rein. In der Stadt verlasse ich den Jakobsweg und gehe statt zur Kathedrale schnurstracks zum Hotel. Juhee ich bin hier ! Ein Drittel ist geschafft ! Diese Freude muss ich dann am Abend gleich allen, die mich bis jetzt unterstützt haben, per Email schon vom Restaurant aus nach dem Nachtessen mitteilen (wifi sei Dank). Glücklich falle ich danach ins Bett und freue mich auf den morgigen Ruhetag.



1,2: Unterwegs
3: Blick vom Montjoie auf Le Puy en Velay


Di. 26. Mai, Le Puy en Velay (Ruhetag) Wieso muss ich eigentlich an meinem Ruhetag so früh aufwachen ? Nun ja, dafür ist heute ein Sandalentag. Nach dem Frühstück im Hotel schlendere ich in gewohntem Manila Shopping Center Tempo (d.h. ausserordentlich gemächlich) durch das schöne Städtchen und lasse mir vom Touristenbüro das Unterkunftsverzeichnis Miam-Miam-Dodo (Miam-Miam = Essen, Dodo = Dortoire = Schlafen) für den Rest von Frankreich geben. Dabei sagt mir die nette Dame auch gleich, dass gestern morgen sage und schreibe 200 ! Personen gestartet sind ! Oh je ! Ich mache mir etwas Sorgen wegen den knappen Übernachtungsmöglichkeiten, werde ich doch den meisten davon schon bald begegnen. Danach kaufe ich noch eine neue Einlagesohle für meine viel zu hart gefederten Schuhe, besuche die Kathedrale, die aus russischen Kanonenkugeln aus dem Napoleonkrieg geschmolzene Madonnenfigur und schlendere durch das Städtchen, halt so ein richtig verdienter fauler Tag. Danach hole ich noch die Wäsche aus der Wäscherei und staune, wie weit weg die ganze Wanderei nach diesem Ruhetag für mich bereits schon ist. Auf jeden Fall freue ich mich auch, dass es morgen wieder weitergeht, weiter meinem Ziel Santiago de Compostela in Spanien entgegen !




1,2: Aussicht auf Le Puy en Velay
3: Die Kanonekugel-Madonna
4: noch 1500 km ....

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